"In einem Offenen Brief spricht sich der bekannte Krimiautor Michael Preute alias Jacques Berndorf gegen den weiteren Windkraftausbau in der Vulkaneifel aus."
Der Brief wurde in http://www.wochenspiegellive.de veröffentlicht:
Nachfolgend der Offene Brief im Wortlaut:
"Ich lese an Pfingsten 2013 in einer Tageszeitung, dass der Rat der Verbandsgemeinde Hillesheim darauf verzichtet, in unmittelbarer Nachbarschaft des Golfplatzes Hillesheim/Berndorf fünf neue, große Windkraftanlagen aufzustellen. Der Grund, so heißt es, sei die Entdeckung von zwei Milanhorsten. Das ist der Raubvogel, der sich die Eifel ausgesucht hat, um in Europa zu überleben. Bei der Begründung in Hillesheim waren die Rotmilane freundlich gelogen. Es war in Wahrheit die Gemeinde der Golfspieler: Auf einem Platz mit 200 Meter hohen Windkraftanlagen macht Golf absolut keinen Spaß mehr, Besuchern aus anderen Clubs kann man eine derartige Peinlichkeit nicht anbieten. Selbst bis hierher ist die Geschichte nur halb erzählt. Jemand vom Sturm-Im-Wald e.V. erstellte eine Fotomontage: So wird der Golfplatz mit Windrädern realistisch aussehen. Da herrschte blankes Entsetzen, dann könne man den Platz dichtmachen. Ich schreibe diese Zeilen, um den Frauen und Männern von Sturm-Im-Wald e.V. in Hillesheim und in Kelberg meinen aufrichtigen Dank zu sagen. Seit April 2011 kämpfen sie jetzt gegen die geplanten Windräder. Sie mussten sich beleidigen und übel beschimpfen lassen, sie ackerten bis an die Grenze des Zumutbaren, sie machten Hausbesuche, organisierten Bustouren, vernachlässigten die Familien und den Job, saßen nächtelang vor ihren PCs und sprachen unermüdlich mit anderen Aufmüpfigen in anderen Gegenden Deutschlands. Mit ihnen zusammen kämpfen alle Naturschutzverbände. Es geht um die industrielle Vermarktung des Waldes in der Vulkaneifel.
Die Landesregierung in Mainz eiert herum und weigert sich, ihren Bürgern aktiv zu helfen, lässt bestenfalls Staatssekretäre dumme Bemerkungen machen und hält sich vornehm zurück, indem sie Nichtssagendes absondert. Malu Dreyer hat doch verkündet, sie wolle die Bürger einbinden, richtig? Es heißt, die Gemeinden müssen den LEP umsetzen. LEP heißt Landesentwicklungsplan, und ist eine Abkürzung von rund 100, die man als Bürger ungefragt um die Ohren gehauen bekommt.
Mit Fukushima begann das Ganze, mit der lauten Bemerkung Angela Merkels, die Energiewende sei gekommen. Erneuerbare Energie wurde das Schlagwort Bewegung. Ein paar Minister später kamen die Windräder auf uns zu. Nicht die Kleinen, die wir schon hatten, sondern die, die jetzt angesagt sind: Nabenhöhe rund 140 Meter (und mehr), Gesamthöhe 200 Meter (und mehr), Gesamtgewicht rund 7000 Tonnen (und mehr), Fundamenttiefe: Mindestens 15 Meter (und mehr), Rotordurchmesser 126 Meter (und mehr), Standort: Im Wald.
Die Hersteller und Betreiber der Windanlagen witterten Wildwest, kontaktierten die Ortsgemeinden und setzten sich fest. Sie versprachen etwa 60.000 bis 90.000 Euro Pacht pro Windrad pro Jahr. Das Ganze war und ist eindeutig eine Subventionsmaschine, grüner Strom ist gottgewollt, da fließt viel Bares.
Die Vertreter der Windradindustrie bretterten mit ihren Geländewagen durch die Botanik, dass Rallyespezialisten ins Entzücken gerieten. Wenn aber Gegner der Windradenthusiasten dasselbe wollten, bekamen sie keine Genehmigung und mussten zu Fuß laufen. Immerhin entdeckten die Gegner zu Fuß eine Müll- und Schuttdeponie, von der die zuständige Gemeinde noch heute behauptet, sie existiere nicht.
Die Gegner mussten sich übel beschimpfen lassen, und den Frauen in ihren Reihen wurden lautstark „kranke Hirne“ attestiert. Die Gegner waren grundsätzlich Chaoten, wurden grundsätzlich diffamiert, und die Gemeindevertreter waren der Auffassung, es handele sich selbstverständlich um Irre. Ein Bürgermeister maulte in einer Sitzung seines Gremiums zu Besuchern: „Sie dürfen hier keine Fragen stellen, weil das die Entscheidung der Ratsherren beeinflussen könnte“. Zu einer Informationsveranstaltung eines Windbetreibers durften ausschließlich in der Gemeinde registrierte Anwohner kommen. Personalausweis mitbringen! Wenn Mitglieder eines Bauausschusses sich für die Baupläne der Windräder interessierten bekamen sie die nicht, weil „Vertraulichkeit“ vereinbart war.
Wahrscheinlich haben sich kleine Parlamente selten so lächerlich gemacht. Auf jeden Fall wurde demonstriert wie Demokratie wirklich geht, wenn Bargeld lächelt. Ich gebe zu, ich bin stinksauer.
Jede Ortsgemeinde, so hieß es, müsse Gelände im Wald ausweisen, wo man Windräder aufstellen könne. Tue man dies nicht, könne jeder Betreiber seine Windräder hinsetzen, wo es ihm passe. Das war eine Lüge. Wenn eine Verbandsgemeinde oder eine Ortsgemeinde keine Räder will, so muss sie das einfach mehrheitlich feststellen. Punkt.
Natürlich geht es um Naturschutz, natürlich geht es um Luchs, Wildkatze, Schwarzstorch, andere seltene Vogelarten, Fledermäuse, sehr seltene Pflanzen, Orchideen und seltene Schmetterlinge. Natürlich geht es auch um den Wolf, den Biologen sehnlichst erwarten, der hier aber nicht einwandern wird. Ein Wolf ist wahrscheinlich viel zu clever, um sich auf eine solch malträtierte Vulkaneifel einzulassen.
Ja, es geht auch um Erkrankungen bei Menschen. Große Windräder machen Lärm und die Menschen krank, das ist bezeugt in medizinischen Studien aus Australien, den USA, Kanada, Portugal und anderen Staaten. Der sogenannte Infraschall, den der Mensch nicht hört, der aber Vibrationen erzeugt, löst Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, Schwindelanfälle, Blutdruckbeschwerden, Herz- und Kreislaufstörungen und Panikattacken aus.
Über eines allerdings müssen wir nicht mehr sprechen: Wenn wir in einem Land leben, in dem jeder Blick über die Landschaft auf Riesenräder trifft, dann können wir ganz sicher sein, dass unsere Häuser enorm an Wert verlieren. Die Schätzungen gehen von dreißig Prozent bis zur Unverkäuflichkeit. Wir können unseren Besuchern den Anblick der Rotoren nicht zumuten. Oder wird in Essen oder Frankfurt ein Vater seinen Kindern sagen: „Gehen wir Windräder besichtigen in der Eifel!“. Rheinland-Pfalz erwirtschaftet in 43 Verbandsgemeinden jährlich einen Umsatz von 1,2 Milliarden auf dem Tourismussektor. Das sind 40.000 Arbeitsplätze. Im Vulkaneifelkreis stellen wir eine Nettosumme von jährlich 100 Millionen fest. Mit Windrädern, mit brutal zerschnittenem Wald geht das nicht. Im Gegenteil: Wir verarmen. Der Eifel ging es noch nie so gut wie heute, die herbe und heitere Schönheit dieser Wälder verzaubert unsere Besucher. Wir sind nicht mehr angewiesen auf windige Subventionen.
Ja, diese Geldströme hören sich fantastisch an. Aber Fachleute sagen mir: Niemand garantiert gleichmäßige Auszahlungen, Anleger müssen mit einem Totalausfall rechnen. Es gibt schon in die Pleite gerutschte Windanlagen. Es gibt schon einen Betreiber, für den sich die Staatsanwaltschaft interessiert. Da wurde Geld zwischen 89 firmeneigenen Betrieben hin und hergeschoben.
Dann ist da noch eine Kleinigkeit: Der Strom, der in unserem Wald gewonnen wird, kann nicht gespeichert werden. Es gibt bisher keine hinreichend gute Technik. Noch etwas: Unsere Windgeschwindigkeiten sind grenzwertig, in den letzten fünf Jahren hätte kein großes Windrad in der Eifel großen Gewinn gemacht. Noch etwas: Die Jagden werden nicht mehr so gut sein.
Können Sie sich an das Bild erinnern, dass Kinder sich die Hände reichen und versuchen, einen Baum zu umarmen? Man braucht 47 Menschen, um im Soonwald im Hunsrück den Stamm eines Windrades zu umfangen. In 138 Metern Höhe steht eine Maschine von der Größe eines Einfamilienhauses. Die Wege zu den Anlagen basieren aus ehemaligen Wanderwegen. Sie wurden ausgekoffert, dann einen Meter hoch mit Split und Erdmaterial verdichtet. An der Stelle fällt mir noch eine Möglichkeit ein: Beim autobahnähnlichen Ausbau der Waldwege könnten wir in der Eifel die vielen Steinbrüche benutzen, mit denen wir unsere Berge abtragen. Pro Windrad wird ein Hektar Wald gebraucht, manchmal auch viel mehr. Die breiten Pisten für die Schwertransporte, die Riesenkräne heranschaffen und gewaltige Fertigteile, rechne ich jetzt nicht mit. Ich bin ja nicht kleinlich, auf die zwanzig oder dreißig Hektar kommt es nicht mehr an.
Mein dringender Rat an alle Leser ist der: Bevor Sie sich auf Diskussionen einlassen, packen Sie Kind und Kegel ein und machen Sie eine Wochenendtour in den Hunsrück mit Kartoffelsalat und Mettbrötchen. Sehen Sie sich die Schweinerei live an. Falls Sie anschließend immer noch für Windräder sind, können wir reden.
Vielleicht verstehen Sie jetzt, warum ich mich bei Sturm-Im-Wald e.V. bedanke.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Preute, alias Jacques Berndorf, 54552 Dreis-Brück"