Leserbief im Niedernhausener Anzeiger vom 28.09.2023
… und in Ausgabe Nr. 31 vom 14.9. auf Seite 4 unter „Plädoyer für eine ruhige und besonnenen Debatte …“ mit brennenden Wäldern hantiert.
Den Worten des Autors folgend kann „… nicht sein, was nicht sein darf“, dass im Bürgerforum am 7.9.2023 „Schlichtweg unverständlich … die immer wieder gleichen Fragen zur Wirtschaftlichkeit … “ gestellt wurden. Als Verwaltungswirt wird expertenwissend fortgeführt, „Das Regierungspräsidium Südhessen hat die Flächen auch deshalb in seinem „Teilplan Wind“ aufgenommen, weil Berechnungen von einer vorteilhaften durchschnittlichen Windgeschwindigkeit (etwa 6 m/s) in 140 m Nabenhöhe ausgehen“. Diesbezüglich seien Verweise auf Einnahmen benachbarter WKA-Betreiber wegen Voreingenommenheit „schlichtweg nicht geglaubt“ worden.
Hm. Mit dem Glauben ist das so eine Sache! Jedenfalls steht das Überstülpen seiner Standpunkte in krassem Widerspruch zu dem von ihm angemahnten „besonnen“ Debattenstil, zumal Darstellungen der WKA-Befürworter mehrfach nachweislich „schlichtweg“ falsch sind. In den Flächensteckbriefen der öffentlichen Dokumente des RP Südhessen steht bei 2-384 (Rassel/Platte) und 2-384a (Hohe Kanzel) unter „Abgrenzungskriterien: Windgeschwindigkeiten unter 5,75 m/s in 140 m Höhe im Nordwesten“.
Die politisch vorgegebene Auswahl der 2 % des Landes erfolgte naturgemäß in höheren Lagen. Um das zu erreichen wurde bis zur Grenzwertigkeit zusammengekehrt. Das kommt nicht von ungefähr. Je geringer der Wind bläst, um so geringer der Ertrag.
„Abgrenzungskriterien“ sind Grenzlastverweise.
Zur Ausnutzung der Kinetischen Windenergie sind WEA nach unterschiedlichen, sogenannten Nenngeschwindigkeiten (NG) zugelassen. Dahinter stecken folgende Probleme. Die Ausnutzung der Windstärke, sprich der Wirkungsgrad, nimmt mit der dritten Potenz ab. Das ist zugegebenermaßen etwas abstrakt.
Ein paar Beispiele sagen mehr. Auf Basis von 5,75m/s erreichen folgende 6MW-WEA gemäß ihrer Zulassungsdaten lediglich maximal anteilige Nennleistung in %, bzw. maximalen Ertrag in GW/a:
- Type 2-B Energy 2B6 (NG = 13 m/s) 8,65 % (= 4,55 GW/a)
- Enercon E-126 6.000 (NG = 16,5 m/s) 4,23 % (= 2,22 GW/a)
- eon energy eno 160 (NG = 13,5 m/s) 7,73 % (= 4,06 GW/a)
- United Power UP6000-136 (NG = 12m/s) 11 % (= 5,78 GW/a)
Wie angeführt, werden die 5,75 m/s, damit dieser Ertrag, teilweise nicht einmal erreicht. Ist dies „schlichtweg“ der Grund, weshalb man Fragen zu den Ertragsdaten ausweicht? Die möglichen, nach Herstellerangaben errechneten Erträge werden nur unter der Bedingung erreicht, dass die Anströmung senkrecht zur vollen Rotorfläche steht. Unberücksichtigt bleiben weiter einschränkende Faktoren wie: nachgeschleppter Windschatten voranstehender WEA, Fallwinde nach Bergkuppen, quer anströmende Verwirbelungen geologischer Geländeformationen und eingeschlagener Anfahrschneisen, sowie der Umstand, dass, je weiter ein Standort im Binnenland liegt, desto größer die Abnahme von Windgeschwindigkeit und Kinetischer Energie.
Diese Tatsache wies nicht nur eine (peer reviewed) veröffentlichte Studie nach, in der die Windhöfigkeiten Baden-Württembergischer Vorranggebiete durchschnittlich um 30 % zu hoch angesetzt waren. Flächenpläne müssen mit hohem Kostenaufwand korrigiert werden. Erklären sich daraus die durchschnittlich lediglich 1800 Volllaststunden im Binnenland, die sich aus den Abrechnungsdaten der Bundesnetzagentur nach EEG-Gesetz ergeben? Sind in diese Zahlen bereits die ebenfalls zu vergütenden Stillstandszeiten mit enthalten?
Hinter durchschnittlich steckt ein weiteres Phänomen. Laut dem Lehrstuhl für Windenergie der Uni Leipzig werden auf See 45 %, an der Küste 28 % und im Binnenland 23% Volllaststunden erreicht. Beachtet man die kontinuierliche Abnahme von 28 % Küstenlage zum 23%-igen Binnendurchschnitt so folgt daraus, dass im Hinterland die Volllaststunden auf 18 % fallen. Die befürworterseitig suggerierten überhöhten Ertragsprognosen von 15 GW/a für eine 6 MW-WEA wurden anhand des Vorranggebiets 2-385 (Hahnberg) mit 4 WEA ertragsprognostizierend hochgepuscht. Nach den Unterlagen der Gemeinde können dort allerdings nur 2 WEA der 6MW-Klasse gestellt werden.
4-mal 6 MW-WEA hingegen wären nur im Vorranggebiet 2-384a (Hohe Kanzel) möglich. Damit nicht genug. Dieser Bereich wird offensichtlich wegen der ertragsmindernd wirkenden Eigenanteilsverhältnisse (Buchwaldskopf = 16,84 %, Hohe Kanzel = 10,45 %) ausgeklammert. War da nicht was mit gegnerischen „Lügengebilden“ behauptet worden? Wer im Glashaus sitzt …
Auslassen von Informationen ist in Werbung und Propaganda ein Gestaltungsmittel mit hohem Wirkungsgrad. Aufgabe der Politik wäre es, nach Prüfung vorliegender Fakten ehrliche Entscheidungsgrundlagen zu transportieren statt mit „außer acht lassen“ irgendwelchen Interessen zu frönen. Anstelle von herum hüpfend zeigenden Handy-App-Bildchen von Lobbyisten sollte man lieber sein Hirn einsetzen um Für und Wider abzuwägen. Macht man es sich einfach, die Bürger dumm lassend und strittig gegen einander gefahren entscheiden zu lassen? So abgelenkt können sie weiterhin die phrasengeschmückt propagierten EEGSubventionen zahlen. Und dann will es keiner gewesen sein. Ein unerträgliches Benehmen!
Nach wiederholtem Nachfragen im ersten Bürgerforum, woraus sich denn die angeblichen Erträge ergäben, eröffnete man als Nachweis sachlicher Korrektheit, „Unsere Angaben sind richtig, die stammen vom Projektierer“! Das riecht streng nach Pferdehandel. Folge der Spur des Geldes …!
[Hermann Weiler]
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