Windkraft - Fakten statt Mythos (5)
mit freundlicher Genehmigung von www.vernunftkraft.de
Regionale Energieautarkie ist erstrebenswert und ökologisch.
Fakt Autarkiestreben ist das historisch erfolgreichste Verarmungsprogramm – man blicke nach Nordkorea. In der Energieproduktion autark werden zu wollen, ist schlicht absurd. Umweltfreundliche Energieerzeugungsstrukturen lassen sich nur im europäischen Verbund erreichen: Strom aus Sonnenstrahlen von dort, wo die Sonne am längsten und intensivsten scheint – Strom aus Windkraft von dort, wo der Wind am kräftigsten und stetigsten weht. Das Grundprinzip wirtschaftlichen Wohlstands heißt „Handel und Spezialisierung“. Es sollte nicht abgeschafft, sondern stärker genutzt werden. Im Übrigen haben Stadtwerke und Kommunen in der Energieproduktion gegenüber privaten Unternehmen keine Kompetenzvorsprünge
Warum?
Die Pläne der deutscher Regionalversammlungen und andere Institutionen der regionalen Struktursteuerung, die in den regionalen Zeitschriften verwendete Rhetorik und die Beschlüsse der kommunalen Gesetzgeber legen nahe, dass regionale Autarkie ein erstrebenswertes und dem Wohlergehen der Bürger in den jeweiligen Regionen dienliches Ziel sei.
Manche Kommunen liefern sich einen regelrechten Wettlauf im Bemühen um Eigenständigkeit in der Energieversorgung und lehnen gebietsübergreifende Kooperationen partout ab.
Hier scheint eine fundamentale Lehre der Menschheitsgeschichte abhanden gekommen zu sein. Denn wenn es unter Ökonomen auch viele verschiedene Schulen und Theorierichtungen gibt, so ist doch ein Grundprinzip völlig unumstritten: das der Vorteilhaftigkeit von Handel und Spezialisierung nach dem Gesetz des komparativen Vorteils.
Aller Wohlstand der Nationen beruht, wie Adam Smith bereits 1776 darlegte, letztlich auf diesem Prinzip – Länder spezialisieren sich auf die Produktion derjenigen Güter, die sie aufgrund ihrer Ressourcenausstattung, aufgrund ihrer geografischen und klimatischen Bedingungen und aufgrund des vorhandenen Wissens relativ zu anderen Ländern am günstigsten herstellen können.
Was den eigenen Bedarf übersteigt, wird exportiert. Was sich im Inland relativ ungünstig produzieren lässt, wird importiert. So werden die Produktionsfaktoren ihren produktivsten Verwendungen zugeführt.
Gerade Deutschland liefert das beste Beispiel dafür. Unsere Exportwirtschaft trägt ganz wesentlich zu unserem Lebensstandard bei. Sie kann nur florieren, weil Arbeit und Kapital in den für unser Land vorteilhaftesten Verwendungen tätig und nicht etwa in der Produktion von Artischocken, Olivenöl, Kautschuk und einfachen Textilien verhaftet sind.
Je besser die Einbindung in die internationale Arbeitsteilung, desto effizienter werden die vorhandenen Ressourcen genutzt und desto höher ist schließlich der wirtschaftliche Wohlstand.
Autarkiestreben ist das genaue Gegenteil dieses Wohlstandsprogramms – Autarkie geht unweigerlich mit einer Verschwendung von Ressourcen einher und führt direkt in die Armut.
Um sich dieser fundamentalen Einsicht der Ökonomie zu vergegenwärtigen, genügt ein Blick nach Nordkorea – das einzige Land der Welt, das sich (mit Ausnahme von humanitären Hilfsleistungen) als autark bezeichnen kann.
Im Rahmen eines umfassenden Umbaus des Energiesystems kann es unter bestimmten Umständen durchaus Potentiale für dezentrale Ansätze geben. Grundsätzlich stehen den Größenvorteilen zentraler Erzeugung bei dezentraler Erzeugung Einsparungen beim Transport gegenüber.
Die für eine Region optimale Lösung dieses Trade-Offs hängt von eine Vielzahl von Faktoren ab – zentraler Faktor dabei ist die relative Ressourcenausstattung und die Verfügbarkeit grundlastfähiger Energieträger.
Ob, wo und in welchem Ausmaß es sinnvoll ist, Energie in örtlicher Nähe der Verbraucher zu produzieren und insoweit auf Größenvorteile zu verzichten, kann nur der marktliche Wettbewerb offenbaren. Staatliche Planer können nicht wissen, wie das optimale System aussieht. Dass es nicht von Autarkie gekennzeichnet ist, liegt jedoch auf der Hand.
Dazu der wissenschaftliche Beirat am Bundeswirtschaftsministerium:
„Heute lässt sich nicht absehen, wie der optimale Energiemix der Zukunft aussehen wird, wo der Strom produziert werden wird und welche Speichertechnologien in Zukunft eingesetzt werden.
Ob und zu welchen Anteilen der Solarstrom beispielsweise aus Spanien oder Nordafrika oder die Windenergie aus der Nordsee zur deutschen Energieversorgung beitragen werden, ist noch unbekannt. In welchem Maße Stauseen, etwa in der Schweiz oder in Norwegen, dazu verwendet werden, überschüssige Energie zu speichern, oder ob eher dezentrale Speichermöglichkeiten wie zum Beispiel Batterien in Elektroautos oder Nachtspeicherheizungen genutzt werden können, lässt sich derzeit ebenfalls nicht abschätzen. Erst recht gilt dies für Innovationen, deren Eigenart es nun einmal ist, dass sie unvorhersehbar sind.
Es ist zu befürchten, dass diese Unsicherheit bei gleichzeitigem hohen öffentlichen Druck, Erfolge vorzuweisen, die wirtschaftspolitischen Entscheidungsträger erneut dazu veranlasst, nach Methoden der Mikrosteuerung zu greifen. Fast unausweichlich sind die Maßnahmen solcher Politik oft unkoordiniert und damit zum Teil auch in sich inkonsistent.“
Wissenschaftlicher Beirat (2011, S. 14 f.)
Die auf regionale Autarkie gerichteten Beschlüsse der nordhessischen Entscheidungsträger sind ein treffliches Beispiel dieser unkoordinierten und in sich inkonsistenten Politik.
Selbst wenn es möglich wäre, in einzelnen Kreisen und Gemeinden in der Energieversorgung vollständig autark zu werden – aufgrund der Volatilität der erneuerbaren Energien ist es physikalisch unmöglich – wäre es doch in ökonomischer Hinsicht grober Unfug. Man würde bewusst darauf verzichten, günstigere Produktionsmöglichkeiten andernorts zu nutzen.
Das Ziel, in der Automobilproduktion regional autark werden zu wollen, wäre nicht viel abwegiger. Wenn man beispielsweise die Grenzen des Altkreises Witzenhausen dichtmachte und Importe aus Wolfsburg, Rüsselsheim, Ingolstadt und anderen offenkundig besser geeigneten Standorten unterbinden würde, ließe sich unter immensem Ressourcenaufwand vielleicht auch an der Werra eine Automobilproduktion aufziehen – statt eines Golfs führe man dann einfach den Witz. Ein Witz würde dann bei vergleichbarer Qualität allerdings ein Vielfaches eines Golfs kosten. Im nächsten Schritt könnte man dann die Autarkie in der Ananasproduktion anstreben – dass diese aus Costa Rica wesentlich günstiger zu haben sind, muss die Kommunalpolitik nicht von kühnen Plänen abhalten.
Es bedarf keines Nobelpreises in Ökonomie sondern nur einiger nüchterner Gedanken, um zu erkennen, dass regionale Autarkiebestrebungen gerade im Bereich der Energieerzeugung genau den falschen Weg beschreiben.
Denn unter wenigen Aspekten unterscheiden sich Länder und Regionen so eindeutig wie in der Eignung als Standorte für die Energieproduktion – insbesondere der Energieproduktion aus den Quellen Sonne und Wind.
In Freiburg beträgt die jährliche Sonnenscheindauer im jährlichen Mittel 1.740, in Dortmund lediglich 1.370 Sonnenstunden. Wind, Biomasse und unterirdische Wärmequellen (Geothermie) sind ebenfalls höchst unterschiedlich verteilt. Auf die Ausnutzung dieser komparativen Vorteile freiwillig zu verzichten, ist unvernünftig.
Und wenn man Europa betrachtet, sind diese Unterschiede und damit die Potentiale für Handel und Spezialisierung, also die möglichen Wohlstandsgewinne, noch mal um ein Vielfaches ausgeprägter.
Derzeit sind 60% aller europäischen Photovoltaik-Kapazitäten in Deutschland installiert. In Griechenland und Portugal hingegen 0,7 und 0,4%.
Quelle: Sachverständigenrat, Jahresgutachten 2011/12, S.248
Es ist liegt auf der Hand, dass hier – und ähnlich bei den anderen erneuerbaren Energieträgern – enorme Effizienzreserven bestehen. Diese Reserven nicht zu nutzen, würde die Bürger regional autarker Regionen teuer zu stehen kommen.
Den neuen örtlichen Anbietern hingegen käme es sehr gelegen. Sie könnten sich einen lukrativen, abgeschotteten Markt sichern und hohe Preise durchsetzen. Nicht von Ungefähr sind es oftmals Stadtwerke, die sich (von der Windkraftlobby geködert) besonders für „Bürgerwindparks“ stark machen und den Autarkiegedanken erfolgreich befördern. In vielen Regionen haben sich die Stadtwerke zur Erhöhung der politischen Schlagkraft zu strategischen Allianzen zusammengeschlossen – kaum ist die alte Struktur der Gebietsmonopole ein paar Jahre überwunden, droht sich mit kommunaler Flankierung ein neuer Monopolist zu formieren.
Der Wettbewerbshüter Justus Haucap (bis Juli 2012 Vorsitzender der Monopolkommission), sieht den gegenwärtigen Trend zur Rekommunalisierung jedenfalls als bedenklich und die entsprechende Euphorie als unbegründet an:
In unserem Sondergutachten zu Strom und Gas haben wir über 7000 Postleitzahlbezirke in Deutschland dahin gehend verglichen, wer der günstigste Stromanbieter für einen Haushalt mit 4000 kWh Verbrauch ist. Nur in 11 Fällen war ein kommunaler Anbieter der günstigste. Typischerweise sorgen also nicht primär die Kommunen für den Wettbewerb am Markt”
Prof. Dr. J. Haucap, in “Energiewirtschaftliche Tagesfragen”, Jg. 61, Heft 12, S. 30f.
Per se haben Energieimporte nichts Verwerfliches an sich. Energie von andernorts zu beziehen, wenn sie dort aufgrund geografischer, topografischer, klimatischer oder sonstiger Bedingungen günstiger produziert werden kann, ist ein Gebot der Vernunft.
Per se ist es für die Bürger von Kommunen auch nicht von Vorteil, wenn örtliche kommunale Betriebe den Energiemarkt beherrschen. Gegenüber privaten Unternehmen haben sie auf diesem Geschäftsfeld a priori keine Kompetenzvorsprünge – hätten sie diese, würden sie sie nutzen, sich am Wettbewerb behaupten und expandieren. Dann wären sie allerdings private Unternehmen.
Der gegenwärtig in vielen Bundesländern eingeschlagene Weg in Richtung Rekommunalisierung und regionale Eigenversorgung ist der falsche Ansatz. Wem es wirklich um eine umweltverträgliche Energieversorgung geht, der darf die regionalen Unterschiede nicht ignorieren oder durch Subventionen nivellieren, sondern muss sie gezielt ausnutzen.
Dies ist nicht unsere esoterische Sicht, sondern das eindeutige Ergebnis der Analyse des Sachverständigenrates. Der Titel des sechsten Kapitels des letzten Jahresgutachtens „Energiewende nur im europäischen Kontext“ bringt es unmissverständlich auf den Punkt.
Darin heißt es
Der weitere Ausbau gemäß den Zielvorgaben des Energiekonzepts wird zu einer technologischen und finanziellen Herausforderung, die nur bewältigt werden kann, wenn die Förderung der erneuerbaren Energien streng am Prinzip der Kosteneffizienz ausgerichtet wird und Skaleneffekte konsequent ausgenutzt werden. Dazu muss vor allem die europäische Dimension der Energiewende stärker in den Blick genommen werden, damit die Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien dort aufgebaut werden, wo sie die besten Standortbedingungen vorfinden, wie etwa bei der Photovoltaik in Südeuropa.
Fazit: Eine ökologische Form der Energieversorgung muss die regenerativen Quellen dort nutzen, wo sie relativ reichlich vorhanden sind. Photovoltaik oder andere Formen der solaren Energiegewinnung muss dort stattfinden, wo die Sonne am längsten und intensivsten scheint. Windenergie muss dort genutzt werden, wo der Wind am kräftigsten und stetigsten weht. Tendenziell wird damit auch das Grundproblem der Erneuerbaren Energien – die Volatilität und fehlende Grundlastfähigkeit – gemildert.
Ob und inwieweit dezentrale Lösungen nach Ausnutzung dieser relativen Vorteile eine sinnvolle Rolle spielen, kann nur der Markt entscheiden. Eigenversorgung um der Autarkie willen ist unvernünftig.
Die Kraft der Vernunft legt nahe,
statt eines Rückschritts in die Kleinstaaterei einen großen Schritt in Richtung in Europa und womöglich darüber hinaus (Stichwort Desertec) zu tun und die Förderpolitik marktkonform auf europäischer Ebene zu harmonisieren sowie den europäischen Energiebinnenmarkt zu vertiefen.